In der Welt des Urban Art ist Graffiti oft das erste, was uns in den Sinn kommt, wenn wir an Straßenkunst denken. Doch abseits von Spraydosen und Wandmalereien gibt es eine weniger bekannte, aber ebenso provokative Technik: das Scratching.
Scratching, oft auch als „Glass-Scratching“ bezeichnet, bezieht sich auf die Praxis, in Glasoberflächen, wie Fenstern oder Spiegeln, Markierungen und Zeichnungen zu ritzen. Dies geschieht in der Regel mit einem harten, spitzen Gegenstand wie einem Schlüssel, einem Messer oder speziellen Ritzwerkzeugen. Der resultierende Effekt ist eine dauerhafte Zeichnung oder Botschaft, die – einmal erstellt – kaum noch zu entfernen ist.
Während das genaue Ursprungsdatum von Scratching schwer zu bestimmen ist, weiß man, dass diese Methode schon vor Jahrzehnten von rebellischen Jugendlichen genutzt wurde, um Botschaften auf öffentlichen Verkehrsmitteln, insbesondere auf Zug- und U-Bahn-Fenstern, zu hinterlassen. Diese Praxis war besonders in den 1980er und 1990er Jahren in Städten wie New York, Berlin und Paris beliebt. Sie wurde als Form des Vandalismus angesehen, oft mit Graffiti gleichgesetzt, obwohl sie technisch und ästhetisch deutlich anders ist.
Beim Scratching geht es nicht nur darum, seinen Namen oder eine Botschaft zu hinterlassen. Viele Künstler haben die Technik verfeinert und nutzen sie, um komplexe Zeichnungen und Designs zu erstellen. Die Begrenztheit des Mediums – das Fehlen von Farben und die Unveränderlichkeit der Striche – zwingt den Künstler, innovativ zu sein und das Maximum aus den gegebenen Mitteln herauszuholen. Diese Einzigartigkeit führt oft zu erstaunlich detaillierten und kunstvollen Designs.
Wie viele Formen des Street-Art-Ausdrucks ist auch Scratching umstritten. Die dauerhaften Markierungen können von Immobilienbesitzern und öffentlichen Verkehrsbetrieben als Beschädigung angesehen werden, die oft hohe Kosten für den Austausch von Glasfenstern verursachen.
Einige Kritiker argumentieren auch, dass Scratching nicht dieselbe ästhetische Tiefe wie traditionelles Graffiti bietet und daher weniger als Kunst und mehr als reiner Vandalismus angesehen wird. Dennoch, wie bei jeder Kunstform, liegt Schönheit im Auge des Betrachters, und viele Menschen schätzen die einzigartige und unveränderliche Natur von Scratching.
Trotz der Kontroversen und Herausforderungen, denen sie sich stellen muss, bleibt die Technik des Scratchings ein faszinierender Aspekt der Urban Art Kultur. Als eine der wenigen Kunstformen, die wirklich unvergänglich ist, fordert sie uns heraus, über Vergänglichkeit, Beständigkeit und den bleibenden Eindruck nachzudenken, den Kunst auf einer Kultur hinterlassen kann.
Ob man Scratching nun als Kunst oder Vandalismus betrachtet, es ist nicht zu leugnen, dass es eine einzigartige und unvergessliche Methode ist, eine Botschaft zu hinterlassen.